Sonntag, 12. Mai 2013

Als die Türken damals Wien belagerten

da ließen sie uns im Abendlande nicht nur den Mocca, den Kaffee und gute Gewürze da. 
Nur für die, die damals im Geschichtsunterricht gerade krank waren:
Die erste Türkenbelagerung in Wien war im Jahre 1529 unter Sultan Süleyman I dem Prächtigen. Die zweite (erfolglose) Belagerung durch das Osmanische Reich erfolgte 1683.

Bei Ausgrabungen in der Steiermark fand man unter den hinterlassenen Gegenständen der Osmanen auch eine türkische Davul (klick) . Das ist eine zweifellige Rahmentrommel, die im gesamten orientalischen Raum verbreitet ist.

Ich erzählte doch hier von unserem Kapitel im Ritterbund, wo wir zur musikalischen Begleitung des Abends die Musici "Schulmeyster und Gefolge" zu Gast hatten. Der Trommler hatte so eine nachgebaute Davul, auf der er uns vorspielte.

Musici Schulmeyster und Gefolge
Als Robert im Burghof auf seiner Davul trommelte, schrieb unser Wohlweiser (Cancelarius) dazu:

Mit großer Sorge hatten manche schon auf die gar große Trommel gesehen und sich gefragt, wie das wohl im Gewölbe auszuhalten sei. Aber – gar sanft, ja liebevoll wurde das Musikgerät „gestreichelt“ und die Sassenschar spendete dem „Schulmeyster und seinem Gefolge“ lauten Beifall. Bestens geleiteten sie musikalisch durch das Kapitel. 

Robert Grabowsky mit Davul
Ein Sasse, der zum Kapitel geladen war, schrieb die vorherige Ansprache des Schulmeysters mit, der uns vor dem Spiel die Geschichte zu dieser türkischen Trommel erzählte:



Bei unserem letzten Generalkapitel untermalte musikalisch das Ensemble Schulmeyster & Gefolge - bestehend aus 
Franz Mettauer, altösterreichischer Dudelsack, Maultrommel
Harald Soyka, Geige und
Robert Grabowsky, Davul

Währenddes Dudelsack und Geige in der Mittelalters- und Volksmusikszene bekannte Instrumente sind, erregte Roberts Davul mein Interesse. Auf dieser wurde nicht nur, wie ich das schon oft gehört, im ewig gleichen Rhythmus eingedroschen, sondern mit verschiedenen Klangfarben fein gerührt.

Als Grenzland war die Steiermark mehr als fünfundzwanzigmal den Einfällen türkischer Heere oder doch wenigstens einzelner Streifkorps derselben ausgesetzt. Die kaiserliche Armee stand dem ziemlich hilflos gegenüber, weil ihre Teile an anderen Brennpunkten der Verteidigung dringend benötigt wurden. Die Bevölkerung griff zur Selbsthilfe, und beherzte Männer verhauten an strategisch günstigen Stellen Wege und Stege, in der Hoffnung, ein Eindringen der feindlichen Scharen - wenn nicht schon zu verhindern - so doch zu verzögern. 
An einer dieser heute noch sogenannten Türkenschanzen standen sich wehrhafte Dorfbewohner und eine kräftige Schar osmanischer Reiter samt Fußsoldaten gegenüber. Deren Reiterei teilte sich. Ein Teil versuchte die Wegsperre kleinräumig zu umgehen, der andere Teil zog sich zurück, um neue, unverhauene Wege zu erkunden. Die Steiermärker erkannten diese Aufsplitterung der feindlichen Truppen, wagten einen Vorstoß und waren darin so erfolgreich, dass die Feinde Hals über Kopf unter Hintanlassung ihrer Habe flohen.  
Unter den zurückgelassenen Gebrauchsgegenständen fand sich auch eine Rahmentrommel, eine türkische Davul mit weitem hölzernen Corpus. Diese war mit zwei unterschiedlichen Fellen bespannt. Die rechte dünnere Seite wird mit einer Gerte geschlagen, die linke tiefere mit einem Klöppel. Durch geschickte Wendung des Gurtes als Schräghängung bietet die Davul auch den Einsatz als Landsknechtstrommel, wie wir sie in Europa seit der Renaissance kennen.

Auf noch nicht bekannten Wegen geriet diese Davul in das Museum Joanneum in Graz und bald in Vergessenheit. Obwohl diese Trommelart über die Janitscharenmusik in die österreichische Militärmusik Eingang fand und als Vorbild bei der Erfindung als Bass-Drum bei der Entwicklung des Jazz-Schlagzeuges stand.

Nun gibt es in Wien einen Instrumentenbauer, der sich als Trommelhersteller einen guten Ruf erworben hat. Dieser ganz in seinem Metier aufgehende Mann hörte von dieser Davul, maß sie genau ab und baute sie liebevoll nach allen Regeln seiner Kunst nach.
Robert ist es gelungen eine Rekonstruktion dieser Facharbeit zu erwerben und spielt sie aus Herzensfreude.
Für mich als Zuhörer ist es vergnüglich, den verschiedenen Klangfarben und Schlagtechniken dieser Davul mit seiner kriegerischen Geschichte zu lauschen, deren Aufgabe es einst war, den eignen Leuten Mut einzuflößen, die Feinde aber in Angst und Schrecken zu versetzen.
- Ende der Ausführungen des Sassen von dieser Kapitelmusik.


Da ich im magischen Netz keinen Film fand, worin
Janitscharen ihre Trommelkünste zeigen, stelle ich Euch hier mal die Kampftrommler von der Landshuter Hochzeit vor. Eine einminütige Kurzfassung. So könnt Ihr ungefähr vergleichen, wie sich das anhörte:

 
Diese Trommeln sind zwar anders als die türkische Davul. Der Zweck des Trommelns ist aber gleich.
  
 

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